Er genießt zu Mittag sein „Schnitzerl“, sie isst einen Salat mit gegrillten Brotwürfeln. „Diese Situation kommt oft vor. Tatsächlich haben Männer oft das Gefühl, dass sie mehr Eiweiß als Frauen brauchen“, sagt Ernährungswissenschafterin Eva Fauma. Das gehe so weit, dass – gerade junge – Männer regelmäßig zu Eiweiß-Shakes greifen. Dahinter stecke eine florierende Industrie, die immer mehr Nachfrage schürt. Deshalb würden viele – insbesondere junge Männer – viel zu viel Eiweiß konsumieren, immer im Glauben, sich etwas Gutes zu tun. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, täglich 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilo Körpergewicht zu sich zu nehmen. Das sind bei einem 80-Kilo-Mann nur rund 60 bis 70 Gramm Eiweiß (siehe Essensplan). Der Mann braucht also aufgrund seines höheren Durchschnittgewichts mehr Eiweiß. Ob Männer wegen ihrer höheren Muskelmasse zusätzlich mehr Eiweiß brauchen, beantwortet Internist Bernhard Schmekal von der Klinik Diakonissen in Linz: „Frauen vielleicht 0,7 Gramm pro Kilo Körpergewicht, Männer bis zu 0,9. Der Unterschied ist nicht so groß.“
Diätologin Christa Aichinger von der Klinik Diakonissen Linz hat für die OÖNachrichten ausgerechnet, wie ein typischer Tagesplan für einen 80-Kilo-Mann aussehen kann:
Zum Frühstück gibt es zwei Tassen Kaffee mit einem Achtelliter Milch (4 g Eiweiß), 30 g Müsli (3 g Eiweiß) und 100 g Joghurt (3,4 g Eiweiß) sowie Obst, eine Semmel mit 30 g Schinken (8 Gramm Eiweiß) und Gurkenscheiben.
Zu Mittag: 150 g Rindsbraten (30 g Eiweiß), 60 g Bandnudeln (5 g Eiweiß) und 120 g Fisolen (2 g Eiweiß).
Abendessen: 80 g Mozzarella (15 g Eiweiß) mit Tomaten, 2 Kornweckerl (8 g Eiweiß) und eine Banane.
Vegetarier gut versorgt
„In Österreich nehmen wir durchschnittlich 1,1 bis 1,5 Gramm Eiweiß pro Kilo Körpergewicht zu uns. Das ist mehr als ausreichend“, so Fauma. Ein Richtwert: Ein Ausdauersportler benötige rund 1 Gramm Eiweiß pro Kilo Körpergewicht. „Wir essen schon jetzt wie Hochleistungssportler und brauchen kein zusätzliches Eiweiß“, so die Linzerin. Untersuchungen hätten ergeben, dass sogar Vegetarier und Veganer, die Sport betreiben, keinen Eiweißmangel hätten.
Von Eiweiß-Shakes, wie sie für Sportler oft angepriesen werden, hält Fauma absolut nichts. Sie seien schlicht und einfach nicht notwendig. Als Drinks für Sportler wären Kuhmilch oder Sojamilch bestens geeignet und auch deutlich billiger. Das darin enthaltene Eiweiß sei leicht verdaulich.
Milch und Sojamilch enthalten außerdem noch hilfreiche Mineralien, sekundäre Pflanzenstoffe und Vitamine. Wer einen Mangel an Vitamin-D hat, ist mit Kuhmilch besser beraten. Diese liefert zusätzlich Kalzium. „Sportler trinken vor dem Training am besten Molke. Diese ist leicht verträglich und verdaulich“, schlägt Fauma vor. Danach empfiehlt sie Milch oder Käse, die das schwerer verdauliche Kasein enthalten.
Auch für den Internisten Bernhard Schmekal ist die zusätzliche Zufuhr von Eiweiß durch handelsübliche Shakes weder sinnvoll noch notwendig. „Auch wer Sport treibt, bekommt genug Eiweiß, wenn er Ei und Fleisch isst. Wir alle verbrauchen zu viel Fleisch“, sagt der Mediziner. „50 bis 60 Prozent der Kalorien sollten von Kohlenhydraten stammen, 30 Prozent von Fett und nur 10 Prozent von Eiweiß“, sagt Schmekal.
Eiweiß verbraucht Kalorien
Dass der Körper Eiweiß mit mehr Aufwand verarbeitet als etwa Kohlenhydrate, kann Menschen nützen, die abnehmen möchten. „Von den 400 Kalorien, die in 100 Gramm Eiweiß enthalten sind, verbraucht der Körper nämlich 25 Prozent allein dafür, dass der Stoff im Körper verarbeitet wird“, sagt die Ernährungswissenschafterin Fauma. Zum Vergleich: Um Kohlenhydrate zu verarbeiten, verbraucht der Körper nur acht Prozent der Energie, bei Fett sind es sogar nur zwei Prozent der Kalorien.
Ob der Körper die Proteine auch nützen kann, hängt von deren Wertigkeit ab. „Hühnereiweiß hat die Wertigkeit 100. Das bedeutet, dass der Körper es optimal aufnehmen kann“, erklärt Fauma. Zum Vergleich: Die Wertigkeit von Schweinefleisch beträgt 85, die von der Kartoffel 75.
Ein erstaunlicher Effekt zeigt sich, wenn tierische und pflanzliche Eiweißquellen kombiniert werden. „Denn dann schaukeln sich die essenziellen Aminosäuren hoch, man erreicht Wertigkeiten von bis zu 130, 140“, sagt die Ernährungsexpertin. Diese Erhöhung der Wertigkeit ist möglich, weil der Körper nicht nur Eiweiß aus dem Essen nützt, sondern auch auf solches aus dem Körper zurückgreifen kann. Eine ideale Kombination ist zum Beispiel zwei Drittel Hühnerei mit einem Drittel Kartoffel. Damit erreicht man eine Wertigkeit von 130. Weitere Dreamteams sind Milch und Weizenmehl – etwa als Palatschinken – mit einer Wertigkeit von 125 oder Hühnerei mit Weizen mit einer Wertigkeit von 120.
„Bei mehr als zwei Gramm Eiweiß pro Kilo Körpergewicht am Tag wird es aber ungesund“, warnt Schmekal. Der Mediziner erklärt, dass dann besonders die Nieren Probleme machen können.
Eiweiß für das Immunsystem
Auch der deutsche Ernährungsmediziner und Buchautor Burkhard Jahn sieht bei zwei Gramm Eiweiß pro Kilo und Tag eine Grenze. Allerdings findet er persönlich, dass mehr Eiweiß pro Tag, als die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, sinnvoll sei: „Der Mensch braucht Eiweiß nicht nur, um Muskeln aufzubauen. Wir nützen es auch für das Immunsystem“, sagt der Autor des Ratgebers „Das dicke Ende“.
„Ich vertrete die Auffassung, dass 1 bis 1,5 Gramm Eiweiß pro Körpergewicht völlig in Ordnung sind. Wenn jemand krank ist, dürfen es für eine gewisse Zeit ruhig bis zu zwei Gramm pro Kilo und Tag sein – vorausgesetzt, die Niere ist gesund“, so der Arzt.
Jahn empfiehlt hochwertiges Eiweiß wie Joghurt, Sojaprodukte, Käse, fetten Seefisch, Wild und Fleisch – am besten bio, denn „dann ist das Fettsäuremuster besser.“ Auch hält er Eiweiß-Shakes durchaus für sinnvoll. Sie könnten eine gute Ergänzung für übergewichtige Menschen sein, damit diese ausreichend Eiweiß bekommen, ohne gleich zu viele Kalorien anzusammeln.
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